Wir schreiben das Jahr 1985.Die Deutsche Bundesbahn, bis dato fernab jeder Privatisierungsgedanken und noch (relativ) flächendeckendes Staatsunternehmen, feiert 150 Jahre Eisenbahn in Deutschland.
Bei den Jahrhundertjubelfeiern, bei denen erstmals seit 1977 auch wieder Dampfloks über deutsche Schienen schnaufen durften, wollte Bad Salzuflen natürlich nicht abseits stehen. Ende des Jahres war es soweit: Auf Initiative des Einzelhandels verwandelte sich der Bad Salzufler Bahnhof am Wochenende von November auf Dezember in ein Mekka nicht nur für Eisenbahnfans. Angefahren wurde das Älteste und das Modernste, was damals auf deutschen Schienen unterwegs war.

Neben dem historischen Nachbau des „Adler“, der ersten Lok, die 1835 von Nürnberg nach Fürth fuhr, ließ sich auch der damals noch brandneue ICE-Schnellzug im Bad Salzufler Bahnhof blicken. Heute ist es gang und gäbe mit dem ICE und Tempo 300 von Köln nach Frankfurt oder von Hamburg nach München zu rasen. Damals befand sich die Technik noch in der Versuchsphase, weshalb die Buchstaben ICE auch noch für „InterCity Experimental“ standen. Der Versuchszug war erst im selben Jahr fertiggestellt worden, hatte aber seine ersten Fahrten mit 350 km/h bereits hinter sich – übrigens in der Nachbarschaft auf der Strecke von Bielefeld nach Beckum.

Es sollte aber noch drei Jahre dauern, bis der ICE im April 1988 einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord von 400 km/h aufstellte. All das lag 1985 noch in ferner Zukunft, aber der Stolz der Bundesbahn zog damals unzählige Menschen an die Gleise in Salzuflen. Reges Gedränge herrschte an beiden verschneiten Wintertagen, der ganze Bahnhof atmete noch die Luft der Bundesbahnzeit.
Die beiden Stellwerke am Bahnübergang Werler Straße und am Begakamp standen noch, uniformierte Bahnpolizisten versuchen, etwas Ordnung in das allgemeine Chaos zu bringen und die Gleise des Güterbahnhofs lagen noch. Hier konnten die Besucher ein weiteres Highlight erleben: Mit der Schnellzuglok V200.1, der 221 108, konnte man eine Führerstandsmitfahrt erleben. Wenn man denn einen Platz ergattern konnte. Platzmangel war auch das Problem bei den Pendelfahrten des „Adler“ von Bad Salzuflen nach Herford: Längst nicht jeder Interessierte konnte eine der begehrten Fahrkarten bekommen.
Lang vorbei sind die Zeiten, als man von Bad Salzuflen noch umsteigefrei nach Bremen oder München durchfahren konnte. Auch die Stellwerke haben Rationalisierung und moderne Lichtsignaltechnik nicht überstanden. Und das Anschlussgleis zu den Hoffmanns Stärkefabriken kann man heute auch nur noch erahnen.
Übrigens wurde hier auch die letzte Dampflok in Salzuflen eingesetzt: Erst 1983 wurde die Dampfspeicherlok „Eduard Hoffmann“ verkauft; sie ist aber noch heute erhalten.

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