Wer zwischen dem Wocheneinkauf im Supermarkt und der Anprobe neuer Schuhe noch schnell eine Weltreise buchen möchte, kann ganz unkompliziert bei Franz Gaffling reinschauen. Der Reisefachmann hat in seinem alltours-Reisebüro (im Foyer des Schuhparks auf dem Hoffmannsgelände) Angebote für nahezu jedes Ziel. Mehr als 150 Reiseveranstalter hat Gaffling in seinem Programm. In den letzten anderthalb Jahren hätte allerdings zeitweise schon ein einziger Anbieter ausgereicht, um den Bedarf an Reisen zu decken.
Hallo Herr Gaffling, haben Sie heute schon jemanden auf die Reise geschickt?
Ja, zum Glück habe ich das.
Also zieht das Geschäft wieder an?
Sagen wir es anders: Es ist viel Bewegung reingekommen. Es gibt Wochen, in denen viel gebucht wird. Und dann gibt es wieder Tage, an denen nur storniert wird. Das Geschäft ist zudem viel kurzfristiger geworden.
Das bezieht sich auch auf die kommenden Wochen und Monate?
Absolut. Gerade eben habe ich eine Stornierung reinbekommen. Eine Gruppe von sechzehn Personen möchte die komplette Griechenland-Reise stornieren. Ein Mitreisender befürchtet, dass er Probleme mit dem Arbeitgeber bekommt, falls er nach der Reise in Quarantäne muss. Dabei hat sich die Situation in Griechenland vom Zeitpunkt der Buchung bis heute überhaupt nicht verändert. Für uns ist das denkbar schlecht. Denn wir haben dadurch einen erheblichen Mehraufwand für die Stornierung und müssen zudem unsere Provision an den Veranstalter zurückzahlen.
Sind Sie verpflichtet, diese Stornierungen vorzunehmen?
Ja. Die Reiseveranstalter bieten ihren Kundinnen und Kunden seit Corona sogenannte Flex-Tarife an. Gegen einen geringen Aufpreis. Die Buchungen können bei diesem Tarif drei, zwei oder sogar eine Woche vor Reisebeginn kostenlos storniert werden. Bei unserem Hauptvertragspartner gibt es diesen Flex-Tarif sogar kostenlos.
Da müssen Sie dann mitspielen …
Ja, das wollen wir aber auch. Weil sonst wohl niemand buchen würde, solange Corona noch ein Thema ist. Ich denke, dass wir bis zur Mitte des kommenden Jahres noch mit der großen Unsicherheit unserer Kundschaft zu tun haben werden.
Wie sind Sie bislang durch die Krise gekommen?
Ebenfalls mit viel Unsicherheit. Aber auch mit dramatischen Einbußen und viel Arbeit. Denn als das mit dem Lockdown losging, mussten wir alles stornieren, was wir bis dahin für unsere Kundinnen und Kunden gebucht hatten. Allerdings waren viele Reiseveranstalter mittlerweile im Kurzarbeit-Modus, sodass wir kaum jemanden telefonisch erreichen konnten. Fast alles musste per E-Mail abgewickelt werden. Dadurch zog sich die Abwicklung in die Länge.
Wie haben Ihre Kundinnen und Kunden reagiert?
Die allermeisten mit sehr viel Geduld. Nur wenige Kunden wurden etwas ungeduldig. Aber auch ihnen konnten wir erklären, dass wir alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um zu helfen. Schlussendlich haben auch alle ihr Geld zurückerhalten.
Und damit auch Ihre Provision …
Richtig. Daher hat uns Corona ja auch besonders schwer getroffen. Uns sind nicht nur monatelang sämtliche Umsätze weggebrochen, wir mussten auch einen Großteil unserer Provisionen aus der Vor-Corona-Zeit an die Veranstalter zurückzahlen. Alles das, was an Buchungen vor dem März 2020 für die Reisen danach reingekommen war, mussten wir komplett rückabwickeln. Da ging es dann ans Eingemachte, denn eine finanzielle Unterstützung haben wir lange nicht erhalten.
Die kam dann aber irgendwann doch?
Zum Glück ja. Allerdings nicht in dem Umfang, wie es für andere hart getroffene Branchen erfolgte. Wir haben die laufenden Kosten sowie die zurückgezahlten Provisionen erstattet bekommen. Da wir allerdings seit März 2020 gar keine Reisen mehr verkauft haben, wurden auch nur die Provisionen erstattet, die wir bereits vor der Pandemie eingenommen hatten und zurückzahlen mussten.
Schließlich sind Sie dennoch irgendwie über die Runden gekommen …
Ja, weil wir auch auf Kurzarbeit umgestellt und Eigenmittel eingebracht haben. Jetzt muss es kontinuierlich besser werden, sonst wird es für viele Kolleginnen, Kollegen und auch für mich eng.
Wird es denn kontinuierlich oder zumindest tendenziell besser?
Wie gesagt, es ist noch sehr viel Bewegung im Markt. Es geht auf und ab. Es wird gebucht und storniert. Wirklich jeder Tag ist anders.
Ist das Reisen komplizierter geworden?
Natürlich bringen die Vorsichts- und Hygienemaßnahmen einen gewissen Aufwand mit sich. Doch jeder in der Branche – vom Reisebüro bis zum Hotel – bemüht sich darum, die Reise inklusive Buchung so angenehm wie möglich zu machen. In unserem Reisebüro erstellen wir zum Beispiel auch die Einreiseanträge. Für uns ist der Aufwand dafür oft höher als die Buchung selbst. Unsere Kundinnen und Kunden können dafür aber auch sicher sein, dass alles passt.
Welche Reiseziele stehen aktuell hoch im Kurs?
Vor allem die Urlaubsdestinationen am Mittelmeer. Also Griechenland, Türkei und Spanien mit Mallorca. Mit wenigen Flugstunden geht es direkt in die Sonne. Viele Hotels und Flüge sind bis zum Ende der Herbstferien schon ausgebucht. Man muss schon genauer suchen, um noch das Passende zu finden.
Aber Sie finden das?
Auf jeden Fall. Da wir 150 Reiseveranstalter im Programm haben, finden wir immer etwas.
Reisen Sie selbst auch immer noch gern?
Oh ja. Wegen meiner Reiselust habe ich den Beruf schließlich vor circa 40 Jahren gewählt. Heute bin ich vor allem ein Fan von Kreuzfahrten.