Foto von einer Holzschnitzerei mit Salzufler Motiv
Hinter dieser Holzschnitzerei verbirgt sich ein Drama // Foto: Stadtarchiv / Sammlung Meinardus
Foto: Postkarte auf der Rückseite der Schnitzerei
Auf der Rückseite der Holzschnitzerei befand sich diese Postkarte // Foto: Stadtarchiv / Sammlung Meinardus

Vor 25 Jahren fand der Berufsschullehrer Richard Okuniewski in einem Detmolder Antiquariat eine Schnitzerei. Auf dem Bild ist ein Straßenzug aus Bad Salzuflen zu sehen, hinter dem Bild verbirgt sich ein Drama.

Auf der Rückseite der Holzarbeit befindet sich eine Postkarte, adressiert an Herrn Hans Hartwig, Rhede an der Ems, Lager 4, Baracke 10, Nr. 26. Die Karte zeigt die Ansicht, die auch in der Schnitzerei verewigt ist: Ein Blick in den Schennershagen, auf Haus Nr. 5.

Der ehemalige Stadtarchivar Franz Meyer recherchierte dazu folgende Geschichte: Freunde oder Angehörige hatten Hans Hartwig die Karte geschickt, die zunächst durch die Zensur musste. „Schöne Grüße senden Dir Hanna, Änne und Frau. Die Ansicht hat Mo ihr neuer Kavalier gemacht. Änne hat ganz glühende Backen, sie ist verliebt. Knorke, was?“, stand recht unverfänglich darauf. Hinweise auf die politische Situation verboten sich angesichts der drohenden Nazi-Willkür.

Auf dem Holz selbst befindet sich der Eintrag „Geschnitzt 1939 im Konzentrationslager Brual-Rhede“. Das Lager war eines von fünfzehn, die die Nazis ab 1933 im Emsland errichteten. Die Gefangenen, zunächst Strafgefangene, später auch politische Gefangene, mussten für die Kultivierung der emsländischen Moore unter unsäglichen Bedingungen schuften. Franz Meyer fand heraus, dass Hartwig Maler und Kommunist war. Er selbst lebte im Schennershagen Nr. 5. Schon vor dem Sieg der Nazis bei den Landtagswahlen in Lippe und der späteren Machtergreifung trat er gegen sie auf. Nur drei Tage nach der Machtergreifung wurde er verhaftet. „Ganz oben auf der schwarzen Liste“ müsse Hartwig gestanden haben, so Meyer.

Foto: sog. Schutzhäftlinge im Innenhof des alten Amtsgerichts in Bad Salzuflen (1930er Jahre)
sog. Schutzhäftlinge des Dritten Reichs im Innenhof des alten Amtsgerichts in Bad Salzuflen (1930er Jahre) // Foto: Stadtarchiv / Sammlung Meinardus

Fünfzig Monate war Hartwig während der Nazizeit in Gefängnissen und Straflagern inhaftiert; bei Kriegsende verbüßte er eine Zuchthausstrafe, da er ausländische Radiosendungen gehört hatte. Nach dem Krieg lebte er wieder in seinem Haus in Bad Salzuflen, wo er Anfang der 1970er-Jahre starb. Rund 200.000 Menschen wurden zwischen 1933 und 1945 in eines der Emslandlager inhaftiert und zur Zwangsarbeit gezwungen. Nach Schätzungen starben rund 30.000 von ihnen. Das handgeschnitzte Holzrelief erzählt von ihrer Sehnsucht nach Freiheit und ihrem Zuhause.  cmm

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