„Lasst mich im Stillen chillen“. Bodo Wartke kann einfach alles: texten, singen, tanzen, komponieren, Theaterstücke schreiben und Klavier spielen. Sein Repertoire reicht von oberkomisch über liebevoll satirisch bis zu todtraurig.
Die Vorführung wurde noch von einer ausgeklügelten Lightshow unterstützt. Mit seinem Programm „Klaviersdelikte“ eroberte er die Herzen der über 900 Zuschauer in der Konzerthalle im Sturm. Wartke studierte Musik an der Berliner Universität der Künste, deren Abkürzung laut GEMA nicht „Udeka“ sondern „Edeka“ für sogenannte „Ernste Musik“ im Unterschied zu Unterhaltungsmusik (U-Musik) heißen müsste. Dafür gibt es mehr Künstlertantiemen, wenn penibel darauf geachtet wird, dass niemand im Publikum Spaß hat. In seinen Programmen gäbe es immer ein Motto, so Wartke, im letzteren ging es um Frauen, im aktuellen um Probleme: „Sie sehen, meine Programme bauen immer aufeinander auf.“ Neben der Liebe nahm Wartke sich den Zeitgeist satirisch vor, die Tendenz Fahrstuhlknöpfe und ähnliches mehrfach zu drücken, in der Annahme, der Vorgänger habe den Knopf nicht richtig betätigt obwohl er leuchtet. Architektursünden (beliebig, quadratisch und billig) könne aber dürfe man nicht mit Dynamit lösen.
Den Saal zum Singen brachte der Virtuose mit Fernsehwerbung aus den 80er Jahren, das Publikum antworte auf „Nichts ist unmöglich…“, „Vogelpark…“ und „Auf diese Steine können Sie bauen…“. Das untermauerte Wartkes These, dass kaum einer Toyota fahre und diese Werbejingles die Menschheit unnützen „Speicherplatz auf der Festplatte“ koste. Dafür sei Fernsehwerbung gut für die Verdauung. Um die Tendenz zu immer mehr Lautstärke zu verdeutlichen, nahm Wartke die Zuschauer mit auf eine geniale musikalische Reise mit Cajón im virtuellen ICE, wo neben den Zuggeräuschen und lärmenden Sitznachbarn noch die Durchsage kommt, dass Kaffee und Kuchen heute für 17,80 € im Angebot sei. Alles zu erwähnen, was gut war, würde den Rahmen – auch des Internets – sprengen, aber umwerfend war der Liebesakt in drei Variationen, für Kinder, jugendfrei und ab 18 Jahren, wo Wartke sich auf den Tasten des Flügels wälzte. Auch „Eye of the Tiger“ (1982 von „Survivor“), gespielt in Boxhandschuhen, ist unnachahmlich. Auch Klassik durfte natürlich nicht fehlen: Mozart, Köchelverzeichnis 08/15.
Bodo Wartke geht im Herbst mit Orchester auf Tournee. Hoffentlich macht er wieder in Bad Salzuflen halt.