Foto Franz Meyer
Franz Meyer war bis 2018 Direktor der Volkshochschule Bad Salzuflen // Foto: ta

Franz Meyer kam im Jahr 1987 nach Bad Salzuflen: Hier war er als Leiter des Stadtarchivs, des Salzufler Stadt- und Bädermuseums (als es das noch gab) und als VHS-Direktor beruflich tätig. 2018 ging er in den Ruhestand – allerdings nur formell und äußerst kurz. Denn längst kümmert er sich wieder um die Stadthistorie. Jedoch nicht um die von Bad Salzuflen, sondern nun um die seiner Heimatstadt Marienmünster. Wir haben ihn besucht.

Seit rund zweieinhalb Jahren bist du schon nicht mehr in Bad Salzuflen beruflich tätig. Privat wohnst du in Marienmünster. Gibt es noch Verbindungen zur alten Wirkungsstätte?
In den drei Jahrzehnten, in denen ich in Bad Salzuflen gearbeitet habe, war die Kurstadt faktisch mein zweites Zuhause. Deshalb liegt mir auch viel daran, über Jahre gewachsene Kontakte und Freundschaften zu pflegen. So halte ich regelmäßig Kontakt zum Stadtarchiv, zu meinem Nachfolger Arnold Beuke, und auch zu meinem alten VHS-Team. Ferner zu Menschen, die mich auf meinem beruflichen Werdegang begleitet haben. Zum Beispiel zu Fritz Gast aus Knetterheide und zu Dr. Stefan Wiesekopsieker.

Franz Meyer Museum
2010: Franz Meyer bei der Schließung des Stadt- und Bädermuseums

Bist du in Marienmünster weiterhin der Geschichte auf der Spur?
Die historische Forschung ist für mich natürlich auch weiterhin von größter Bedeutung. Zuletzt habe ich als Mitautor sowie als Bild- und Text-Redakteur an der Erstellung eines Buches mitgewirkt, in dem die Entwicklung und Geschichte meiner Heimatstadt Marienmünster beleuchtet wird. Seit knapp zwei Jahren betreue ich hier das Stadtarchiv und seit Januar 2017 fungiere ich als Stadtheimatpfleger von Marienmünster.

Fangen wir ganz vorn an: Wie kamst du zur historischen Forschung? Warst du schon zu Schulzeiten an der Geschichte interessiert?
Ja, ich war zwar meist ein mittelmäßiger Schüler, doch in den Fächern, die mich interessierten, war ich gut – also in Geschichte und Geografie. Beide Fächer habe ich dann auch studiert. Nach meinem Abschluss an der Uni in Münster habe ich dann zunächst als angestellter Historiker bei der Gemeinde Ostbevern im Kreis Warendorf gearbeitet. Die Arbeit hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich leichten Herzens auf eine ursprünglich angedachte Karriere als Gymnasiallehrer verzichtet habe. Ich habe mich stattdessen zum Archivar ausbilden lassen.

Gab es einen Schlüsselmoment, der die Leidenschaft für die Historie ausgelöst hat?
Mein Interesse an Geschichte besteht bereits seit frühester Kindheit. Mit zehn Jahren habe ich regelmäßig die Tageszeitung gelesen. Geweckt wurde diese Leidenschaft von meinem Vater, der sieben Jahre seines Lebens, von 1942 bis 1949, an der Ostfront und in sowjetischer Kriegsgefangenschaft verbringen musste. Er hat – im Gegensatz zu vielen anderen Kriegsteilnehmern – eine Menge erzählt und geduldig die meisten meiner Fragen beantwortet.

Hast du eine historische Lieblingspersönlichkeit?
Neben meinem Vater vor allem Bundeskanzler Willy Brandt, der mit den Ostverträgen die Aussöhnung mit Polen und der Sowjetunion einleitete.

Wie bist du schließlich nach Bad Salzuflen gekommen?
Im Frühjahr 1987 erhielt ich vom damaligen Kulturamtsleiter Wolf-Rüdiger Butz einen Anruf. Die Stadt suchte jemanden für die Betreuung des Stadtarchivs. Dem Ruf bin ich gern gefolgt, weil ich die Möglichkeit gesehen habe, in der Kurstadt etwas zu bewegen. Stichwort: 500-Jahr-Feier der Stadt Bad Salzuflen im Jahr 1988.

In welcher Funktion hattest du die meiste Freude an der Arbeit?
In allen Einrichtungen, die ich seit 1988 geleitet habe, hat mir die Arbeit großen Spaß gemacht. Das lag natürlich vor allem an den vielen netten Kolleginnen und Kollegen, auf deren Unterstützung ich mich immer verlassen konnte. Sowohl im Archiv als auch im Museum und in der VHS konnten zahlreiche Projekte mit großer Außenwirkung realisiert werden – zum Beispiel im Archiv die Bücher zur Stadtgeschichte, im Museum die Ausstellungen wie 150 Jahre Hoffmann’s Stärke und in der VHS die vielen Seminare und Vorträge zu Umweltthemen sowie die Ausbildung von Tagesmüttern und Stadtführern.

Franz Meyer Interview Luckenwalde
2012: VHS-Direktor Franz Meyer in Luckenwalde

Wann warst du das letzte Mal in Bad Salzuflen?
Wegen der Corona-Pandemie ist zurzeit ja nicht viel möglich. Im September 2020 war ich das letzte Mal in Bad Salzuflen.

Was ist das Besondere an der Salzufler Historie?
Spontan würde ich sagen, dass sich in der Bad Salzufler Geschichte auch die deutsche Geschichte widerspiegelt. So stehen Hoffmann’s Stärkefabriken exemplarisch für die Industrialisierung des Landes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der Auftritt Hitlers am 14. Januar 1933 im Kurhaus für die Machtergreifung der Nationalsozialisten und der Aufstieg des Kurbades seit den frühen 1950er-Jahren für das Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit.

Wie bewertet jemand, der so tief in die Vergangenheit geblickt hat, die aktuellen Entwicklungen in der Gegenwart?
Für eine abschließende Bewertung ist es noch zu früh. Sicher ist allerdings, dass bei der Einordnung von Ereignissen und Entwicklungen künftig die Corona-Jahre als eine Zäsur betrachtet werden, vergleichbar mit dem Fall der Mauer 1989.

Welche Projekte stehen für dich als nächstes an?
Aktuell arbeite ich am Jahresrückblick unseres Sportvereins Grün-Weiß Kollerbeck. Zudem recherchiere ich zur Entstehungsgeschichte der Sportvereine in meiner Heimatstadt.

Geht es auch mal ohne Recherche oder Geschichte? Hast du weitere Hobbys?
Aber ja doch! Mit meiner Frau unternehme ich gern Städtereisen; seit Anfang der 1990er-Jahre vor allem in die neuen Bundesländer. Zudem wandern wir gerne – und das auch nicht erst seit Corona.


Das Interview mit Franz Meyer haben wir per Telefon geführt. Zu den Fotoaufnahmen unter fast blauem Himmel haben wir den Historiker an der Abtei in Marienmünster besucht.

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