Menschen wie Feyhan Karadeniz werden eigentlich Tierschützer, Ortsvorsteher oder Bewährungshelfer. Hauptsache helfen, Hauptsache mitmischen. Wie gut für den SV Werl-Aspe, dass sich der 51-Jährige vor rund acht Jahren für die Vorstandsarbeit des Vereins entschieden hat. Wir haben mit Feyhan gesprochen: Über die Vereinsarbeit und seine Motivationen. Zum runden Jubiläum seines SV Werl-Aspe findet ihr einen Vorbericht auf Seite 6.
Hallo Feyhan, was macht einen guten Verein aus?
Für mich ist ein guter Verein eine Gemeinschaft, in der man sich rundum wohlfühlt. Sie besteht aus Menschen, mit denen man gern zusammen ist, mit denen man Interessen teilt und Spaß hat.
Und mit denen man Fußball spielt?
Nicht unbedingt. Für mich gehört Fußball allerdings zum Leben dazu. Und deshalb ist der SV Werl-Aspe für mich auch der perfekte Verein.
Kein Wunder, schließlich zählst du ja auch zum Vorstand.
Das ist richtig. Als vor rund acht Jahren so etwas wie ein Generationenwechsel im Vorstand anstand, haben sich eine Handvoll Altherren-Spieler im Partykeller eines Freundes getroffen. Beim Fläschchen Bier haben wir den neuen Vorstand zusammengestellt. Und als wir fertig waren, wurde das Ergebnis anschließend in Ortmann‘s Anno gefeiert. Nach und nach haben wir weitere Altherrenspieler, Freunde und Jugendtrainer dazu bewegen können, ebenfalls Aufgaben im Verein zu übernehmen – mit offiziellem Amt oder auch ohne.
Was macht denn einen guten Vorstand deiner Meinung nach aus?
Ich weiß nicht, ob meine Freunde und ich einen guten Vorstand abgeben. Aber ich glaube, dass es vor allem sehr wichtig ist, sich über die gemeinsamen Werte einig zu sein. So altmodisch das auch klingen mag: Für meine Kollegen und für mich zählen vor allem Respekt, Freundlichkeit und Aufrichtigkeit. Wir sind uns sicher, dass sich diese Werte immer durchsetzen werden, wenn wir selbst auch nach ihnen handeln. Natürlich gibt es immer auch mal einzelne Personen oder Gruppen, die ihr eigenes Ding machen wollen und Unruhe stiften. Doch wenn sich der Vorstand einig ist, erledigen sich solche Dinge meist von selbst. Das haben wir in der Vergangenheit mehrmals erlebt.
Gibt es auch einen sportlichen Masterplan, den der SV verfolgt?
Im Fußball geht es, wie in den meisten anderen Sportarten auch, um das Gewinnen. Doch tatsächlich ist der sportliche Erfolg bei uns nur Mittel zum Zweck. Wir möchten den Kindern und Jugendlichen aus unserem Ort so etwas wie eine Heimat geben. Sie sollen mit Freunden und Sportkameraden das Gewinnen, das Verlieren und das Sichbehaupten lernen. Sie sollen Spaß an der sportlichen Bewegung und an den Vereinsaktivitäten neben dem Sportplatz haben.
Und die Erwachsenen?
Für die zählt fast das Gleiche. Der Verein bietet jedem die Möglichkeit, echte Gemeinschaft zu erleben. Egal, ob du Spieler, Betreuer, Vorstandsmitglied oder Zuschauer bist – du kannst mitmachen und dabei sein, wie und wo auch immer.
Und das Leistungsprinzip zählt bei den Aktiven überhaupt nicht?
Wie ich schon sagte, sind Erfolge im Sport immer wichtig. Und wenn unsere Fußballer wichtige Spiele, Meisterschaften und Pokale gewinnen, freuen wir Verantwortlichen uns natürlich auch. Allerdings geht es uns nicht allein um den momentanen Erfolg. Viel wichtiger ist es uns, dass wir Fußballern in jeder Altersklasse und in nahezu jeder Spielstärke ein Angebot machen können, um beim SV Werl-Aspe dabei zu sein. Auch aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit dem TuS Grastrup-Retzen eine Jugendabteilung mit rund zwanzig Mannschaften aufgebaut. Im gesamten Kreis wirst du keine größere Jugendabteilung finden können …
… aber überkreislich. Und diese großen Vereine machen euch Konkurrenz. Richtig?
Das ist richtig. Allerdings macht uns das nicht wütend. Im Gegenteil: Wenn wir talentierte Fußballer so erfolgreich ausbilden, dass sich große Vereine für sie interessieren, freuen wir uns für die jungen Fußballer. Gleichzeitig nehmen wir diese Anerkennung unserer Arbeit gern an. Wichtig ist uns nur, dass diese Kicker immer wissen, dass sie jederzeit zurückkehren können.
Du erwähntest das Wort Heimat. Der SV ist ein Stück Heimat für dich?
Absolut. Aber auch der Ortsteil Werl-Aspe, in dem ich mit meiner Familie lebe. Und auch die Stadt Bad Salzuflen, in der ich geboren bin. Viele wissen den Wert von Heimat nicht mehr zu schätzen. Vor einiger Zeit hatte ich einen Freund aus Studentenzeiten zu mir nach Hause eingeladen. Nach seinem Studium hatte er eine Management-Laufbahn eingeschlagen und heute ist er Topmanager in Singapur. Wir sind gemeinsam zum Bäcker gegangen und ich habe auf dem Weg dorthin fast an jeder Straßenecke ein Pläuschchen mit Bekannten gehalten. Mein Ex-Kommilitone war verblüfft und meinte, ich müsste ein sehr glücklicher Mensch sein. Er hatte recht.