
Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim
Regie: Kenji Kamiyama
134 Minuten
Action, Anime
Warner Bros.
Die Schlacht der Rohirrim erhält von uns
Mittelerde und rund zwei Jahrhunderte vor den in „Der Herr der Ringe“ geschilderten Ereignissen: Der machthungrige Fürst Freca drängt Helm Hammerhand, dem König von Rohan, eine Hochzeit zwischen seinem Sohn Wolf und der Königstochter Hera auf. Doch sowohl Hera als auch der Herrscher lehnen das Angebot ab, worauf es zu einem kurzen Faustkampf kommt. Bei diesem tötet Helm Hammerhand versehentlich den Fürsten. Wolf wird verbannt und schwört Rache. Bald steht Hera vor einer großen Bewährungsprobe.
Endlich gibt es wieder ein neues cineastisches Werk aus der von J. R. R. Tolkien kreierten und von Peter Jackson in einer hervorragenden ersten und einer immer noch ganz guten zweiten Trilogie verfilmten Fantasy-Welt. Allerdings handelt es sich dieses Mal um einen animierten Film. Das hat eine gewisse Tradition, da bereits 1979 der erste Teil der Originaltrilogie als Zeichentrickfilm erschien. Der Regisseur von „Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim“, Kenji Kamiyama, ist allerdings eher im Science-Fiction-Genre daheim und war maßgeblich für die Skripts zur Serie „Ghost in the Shell SAC_2045“ verantwortlich. Hier sind am Drehbuch gleich vier Autoren beteiligt, wobei Jeffrey Addiss und Will Matthews durch ihre Arbeit an „Der Dunkle Kristall: Ära des Widerstands“ zumindest etwas Erfahrung im Fantasy-Genre beisteuern.
Auch wenn sich der von Kenji Kamiyama inszenierte Film bewusst „Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim“ nennt, kommt das Gefühl, sich in J. R. R. Tolkiens Welt zu bewegen, eher selten auf. Es gibt immerhin ein paar – sogar gut gemachte – Anspielungen auf den späteren Ringkrieg. Diese verlaufen allerdings schnell im Sande. Zwar erzählen die Macher mit dem Kampf um die Hornburg, die später Helms Klamm heißen wird, eine Geschichte aus Tolkiens Feder. Allerdings drängt sich das Gefühl auf, als wollten die Macher eher ihr eigenes Ding machen, als dessen Vision verwirklichen. Dementsprechend erschaffen sie mit Hera auch eine ganz neue Hauptfigur. Die sich aufdrängende Frage, warum diese in der Chronik nicht auftaucht, wird dann auch eher unbefriedigend beantwortet. So erklärt die Erzählerin lapidar, man müsse in den alten Geschichten und Liedern nicht nach ihr suchen. Was angesichts ihrer dominanten Rolle, mit der sie den eigentlichen Helden des Settings, Helm Hammerhand, stellenweise zur Nebenfigur degradiert, dann doch überrascht.
Apropos Erzählerin: In dieser Rolle tritt Éowyn auf, die als kämpfende Schildmaid aus der Ursprungstrilogie bekannt ist. So stellen die Macher eine stimmige Verbindung her und liefern gleichzeitig die Blaupause einer starken Frauenfigur für Hera und ihre „Hofdame“. Das ist grundsätzlich eine gute Idee. Problematisch wird die Erzählerin aber immer dann, wenn sie die Handlung unterbricht und über Ereignisse berichtet, die das Publikum lieber selbst gesehen hätte.
Die Geschichte ist weitgehend spannend erzählt. Allerdings ist die Story zu dünn geraten und leider auch nicht immer ganz plausibel. Zudem hätten einige der auftretenden Figuren etwas komplexer ausgestaltet sein dürfen. Diese Schwächen könnte natürlich die titelgebende Schlacht herausreißen. Immerhin ist der Kampf um Helms Klamm eines der Highlights des Kinofilms „Der Herr der Ringe: Die zwei Türme“ und reißt Zuschauerinnen und Zuschauer mit Schauwerten sowie einer perfekten Mischung aus Dramatik, Epik und einem Schuss Komik mit. Der neue Film kann dem alten jedoch auch hier nicht das Wasser reichen. Immerhin gibt es vereinzelt sehenswerte Kampfszenen, aber auch Ausfälle wie einen ziemlich merkwürdigen Belagerungsturm.
Bezüglich Optik und Animationen fällt der Eindruck bei „Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim“ insgesamt passabel – mit kleineren Ausreißern nach oben und unten – aus. Allerdings gehört auch zur Wahrheit, dass das Endergebnis relativ weit von Meisterwerken, wie sie etwa aus dem japanischen Studio Ghibli („Chihiros Reise ins Zauberland“) kommen, entfernt ist. So könnten die meisten Zeichnungen beispielsweise detailreicher ausfallen.
Überzeugen kann größtenteils die Wahl der Sprecher. Das gilt vor allem für Helm Hammerhand, dem in der englischen Fassung Brian Cox („Succession“) und in der deutschen Version Hans Bayer, der bereits Vincent Price und Willem Dafoe synchronisierte, seine Stimme leihen. Beiden nimmt man den ruppigen Haudrauf-Herrscher ab. Die Musik von Stephen Gallagher („Masters of the Muralverse“) fällt allerdings immer dann, wenn sie sich nicht eng an den Sound der „Herr der Ringe“-Originaltrilogie anlehnt oder diesen sogar zitiert, so aus wie fast der ganze Film: ziemlich durchschnittlich.
„Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim“ ist leider nicht überzeugend genug geraten, um einen ähnlichen Hype zu entfachen, wie es diesen zur Jahrtausendwende gab. Das Ergebnis ist ein ziemlich durchschnittlicher Animationsfilm, der in praktisch keinem Bereich herausragen kann. So gelangen nur gerade so noch drei von fünf möglichen Reitern nach Rohan.
Ingo Gatzer
Der Trailer zu „Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim“: