Eine Leseempfehlung von Nikolina Stammer, CityBuch

Licht durchflutet, hell und leicht mit kontrastreichen Schatten lässt Zsuzsa Bánk die Tage der Kindheit in den 60er-Jahren, die Jugendzeit und das Erwachsen werden vor unseren Augen auferstehen.

Die kleine Stadt, die beiden besten Freundinnen Seri und Aja, Karl der beste Freund beider, ihre Eltern: Für die drei Kinder der Nabel der Welt. Seri lässt uns an ihren Erinnerungen teilhaben. Die Verhältnisse sind, wie sie sind und die Kinder bewerten und erklären sie nicht: Seris Vater ist früh verstorben, die Mutter hat die Leitung der Spedition übernommen und sein Koffer ist noch lange ungeöffnet in ihrem Auto. Aja, das Kind ungarischer Zirkusartisten, der Vater Zigi besucht sie und die Mutter Évi nur jeweils für ein paar Wochen jeden Herbst. Karls Eltern haben sich nach dem Verschwinden von Karls Bruder getrennt und er ist mal bei seiner Mutter, mal beim Vater. Ihre „hellen Tage“ der Kindheit sind Freiheit pur. Sommer, Sonne, schwimmen. Gemeinsame Abenteuer, Ajas Geburtstagsfeiern (stets am heißesten Tag des Jahres), Évis und Ajas Leben in der Baracke am Stadtrand die wachsenden Beziehungen der Erwachsenen, all das erleben wir aus Kindersicht.

Mit dem Heranwachsen wächst auch das Verständnis und immer mehr erklärt sich. Évi ist Analphabetin und lernt erst durch Seris Mutter lesen und schreiben. Aja versucht, den Kontakt zwischen Karls Vater und ihrer Mutter mit ihren kindlichen Mitteln zu unterbinden. Wir mit unserem „Erwachsenenblick“ wissen warum. Uns Lesern ist auch vorab bewusst, dass die Einheit der drei so nicht Bestand haben wird, als sie zusammen zum Studium nach Rom gehen. Sie und ihre Beziehungen verändern sich. Am Ende bleibt Seris Erkenntnis: Die kleine Stadt bei Heidelberg und sie selbst sind nicht der Nabel der Welt. Sie sind erwachsen. Loslassen, das Vergangene ohne Verklärung oder Schuldgefühle betrachten, das müssen alle, jeder auf seine Weise lernen. Wie bei einem Gemälde gibt es viele Details. Ausschnitte, die lohnen, einzeln betrachtet zu werden und es ist stimmig als gesamte Komposition: Hell und schön.

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