Es gibt viele Fragen, die sich Menschen aus Bad Salzuflen gegenseitig stellen – vor allem wenn sie sich in der Fremde treffen.

„Schötmar oder Salzuflen?“, „Lohfeld oder Aspe?“ oder eben „Reformiert oder lutherisch?“ lauten die Fragen, die bei der Begegnung von zwei Bad Salzuflern garantiert früher oder später aufkommen. Doch was hat es mit „den“ Reformierten und „den“ Lutheranern auf sich?

Natürlich beginnt alles 1517 mit den 95 Thesen, die Martin Luther der Legende nach an die Kirchentür in Wittenberg nagelt. Zu diesem Zeitpunkt ist der damals überall selbstverständliche katholische Glaube und seine Kirche durch Ablasshandel und ähnliches beim Volk in ziemlichen Misskredit geraten. Bereits ein Jahr später sollen die Thesen Luthers, die ja eigentlich nur auf eine Reform der katholischen Kirche hinzielten, in Lippe verbreitet worden sein. Überliefert ist ein Herforder Pfarrer, der ab 1525 auch Gläubige aus Salzuflen anzog. In Bad Salzuflen wird fünf Jahre später auch auf lutherisch gepredigt – Landesvater Graf Simon V. lies empört nachfragen, ob die Gerüchte stimmten, ein lutherischer „Predikant“ aus Lemgo habe in Salzuflen gepredigt. Kleinlaut musste der Pfarrer zugeben, dass er ihm leider seine eigene Kirche überlassen musste, „nachdem das gemeine Volk nicht mir, sondern dem Prediger anhängt.“

Böse Gerüchte besagen übrigens, die Salzufler wären nicht zuletzt deswegen zum „neuen Glauben“ übergelaufen, weil sie kein Anhängsel mehr an die Schötmaraner Kirche sein wollten. Die Kilianskirche war damals auch für Salzuflen zuständig und ihnen übergeordnet. Nach dem Tod von Simon V. streiten sich zunächst katholische Paderborner und evangelische Hessen um den „wahren Glauben“ in Lippe, doch siegt 1538 die Reformation. Damit werden die Lipper und mit ihnen die Salzufler lutherisch. Simon VI., Nach-Nachfolger von Simon V., wendet sich später aber den Lehren Calvins und Phillip Melanchthons zu. Aus ihrer Sicht des Protestantismus entsteht das reformierte Bekenntnis, dass Simon VI. auch für Lippe übernimmt. Getreu dem Satz aus dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 gilt der Glaubenswechsel des Landesherren auch für sein Volk. „Cuius Regio, eius religio“ – wessen Herrschaft, dessen Religion.

Lediglich die Lemgoer schließen sich dem nicht an und sind sogar bereit, ihren lutherischen Glauben mit Musketen und Kanonen zu verteidigen. Deshalb ist Lemgo heute noch eine lutherische Hochburg. Erst Anfang des 17. Jahrhunderts wurde der ewige Streit in Lippe beigelegt und seitdem galt überwiegend der evangelisch-reformierte Glaube in Bad Salzuflen.

Heutzutage sind die früheren Glaubenskämpfe längst Geschichte – und nicht nur die beiden evangelischen Kirchen arbeiten längst in der Lippischen Landeskirche und vor Ort zusammen. Der ökumenische Gedanke hat längst viel weitere Kreise gezogen. Und trotzdem gehört es noch heute einfach in Lippe zum guten Ton, zu fragen: „Lutherisch oder reformiert?“

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