Thorsten Gronemeier
Thorsten Gronemeier weiß, worauf es bei der Schädlingsbekämpfung ankommt. Und welche Schädlinge bekämpft werden sollten. // Foto: Rainer Tautz

Hätte Thorsten Gronemeier mit dem Abbruch seines Elektrotechnik-Studiums ein paar Jahre gewartet, hätte er womöglich ein Start-up gegründet. Da das Internet 1994 aber noch für viele Menschen (und auch für Thorsten) ein Buch mit sieben Siegeln war, hat er in dem genannten Jahr etwas Nützliches angefangen. Er wurde Schädlingsbekämpfer. Sein Business ist zwar nicht so hip, aber ganz bestimmt krisensicherer als so manche webbasierte Geschäftsidee. Eine Internetseite braucht Thorsten auch heute noch nicht …

Portrait Thorsten Gronemeier
Thorsten Gronemeier, freundlich … // Foto: privat

Hallo Thorsten, wie ist das letzte Jahr für dich als Schädlingsbekämpfer gelaufen? Anders als sonst?
Jedes Jahr ist anders. Allerdings hat das weniger mit dem Virus zu tun, sondern mehr mit den Wetter- und Witterungsverhältnissen eines Jahres. Im vergangenen Jahr hatten wir aufgrund des milden Frühlings ein sehr hohes Aufkommen an Wespen. In diesem Jahr sind es deutlich weniger, weil viele Königinnen den harten und nassen Winter nicht überlebt haben. Dafür sind nun allerdings die Ameisen auf dem Vormarsch. Die sind weniger wetterfühlig. Ein Phänomen, das indirekt auf Corona zurückzuführen ist, gibt es dann doch. 2020 und 2021 wurden mehr Ratten in Privatgärten registriert. Allerdings liegt das wohl daran, dass sich die Menschen während der Corona-Pandemie viel häufiger als sonst im eigenen Garten aufgehalten haben.

Wespen, Ratten, Ameisen: Wer bestimmt, dass diese Tiere als Schädlinge bekämpft werden dürfen?
Der Gesetzgeber, der die Aufteilung in den allgemeinen und den besonderen Artenschutz vorsieht. Unter den allgemeinen Schutz fallen grundsätzlich alle Tier- und Pflanzenarten. Allerdings ist dieser Schutz auch der schwächste. Für meinen Bereich bedeutet das, dass ich als Schädlingsbekämpfer vor Ort selbst entscheiden kann, ob durch ein Tier dieser Arten eine Gefährdung ausgeht oder nicht. Ist das der Fall, dann darf ich diese Gefährdung beseitigen. Für Ratten, Ameisen und die hier üblichsten Wespenarten besteht dieser allgemeine Artenschutz. Also kann ich sie auch fachmännisch abtöten, wenn sie sich beispielsweise im hausnahen Bereich bemerkbar machen.

Bei Bienen ist das sicherlich und hoffentlich anders.
Ja. Für Bienen und auch für Hornissen gilt der besondere Artenschutz. Wenn durch diese Tiere eine Gefährdung entsteht, muss man der Unteren Naturschutzbehörde des Kreisumweltamtes den Einzelfall melden und eine entsprechende Maßnahme beantragen. Dabei muss es nicht zwingend um das Abtöten eines Nestes oder einer Population gehen. Auch Umsiedlungen sind möglich.

Wie lang dauert solch ein Antragsverfahren?
Hier in Lippe geht das schnell. Zumal sich die Behörde schon auf mein fachmännisches Urteil verlässt und oft meiner Empfehlung folgt.

Ist gegen jeden Schädling ein Kraut gewachsen? Oder musst selbst du ab und zu kapitulieren?
Bei fast allen Fällen muss man zunächst genau prüfen, warum sich die Schädlinge ausgerechnet diesen Standort ausgesucht haben. Wenn nämlich die Ursachen nicht beseitigt werden, bleibt auch der Erfolg der Bekämpfung aus. Daher hat sich mein Job in den vergangenen Jahren auch deutlich von der Schädlingsbekämpfung zum Schädlingsmanagement gewandelt. 

Thorsten Gronemeier beim grillen
… immer erreichbar (auch beim Grillen) … // Foto: privat

Das heißt, dass sich die Aufgaben deutlich verändert haben?
Es sind viel mehr hinzugekommen. Besonders in den Bereichen der Lebensmittelproduktion, des Handels und der Gastronomie haben wir zusätzliche Aufträge und Aufgaben erhalten. Wir kontrollieren Produktionsstätten, Lager sowie Verkaufsflächen und dokumentieren die Ergebnisse. Auch Hotels, Kantinen und Wohnheime beauftragen uns, um sich vor Schädlingsbefall zu schützen. Da die behördlichen Auflagen zunehmend strenger werden und sich immer mehr Unternehmen darüber hinaus zertifizieren lassen, nimmt die Bedeutung des Schädlingsmanagements deutlich zu.

Wie groß ist das Gebiet, in dem du deine Dienstleistung anbietest?
Mein Arbeitsgebiet ist ungefähr deckungsgleich mit Ostwestfalen. Da zählen zwar auch noch ein paar kleinere Gebiete in Niedersachsen und Nordhessen dazu, aber mein Kernarbeitsgebiet ist OWL.

Womit muss man rechnen, wenn man dich ruft? Kommst du im Ghostbuster-Mobil-ähnlichen Auto angeflogen und packst erst einmal deine Wunderwaffen aus?
Nein. Ich habe zwar einige Geräte, die toll aussehen. Aber tatsächlich benutzen wir die heute kaum noch. Meine riesengroße Nebelkanone habe ich nur einmal eingesetzt. Mittlerweile gehen wir ganz anders vor. Viel punktueller, zielgenauer und unspektakulärer. Was geblieben ist, ist mein Ganzkörper-Wespenanzug. Auf den würde ich auch nie verzichten.

Kümmerst du dich auch um Schädlinge, die Pflanzen befallen?
Nein. Ich bin zwar auch für den Bereich Pflanzenschutz ausgebildet, doch diese Anfragen verweise ich meistens an sach- und fachkundige Garten- und Landschaftsbauer.

Schädlingsbekämpfung
… und stets schnell an der Einsatzstelle. // Foto: privat

Gibt es Schädlinge, vor denen du Angst hast oder Ekel empfindest? Ratten zum Beispiel?
Eigentlich nicht. Denn im Rahmen meiner Ausbildung habe ich mich mit den Tieren befasst – mit ihren Lebensweisen und ihrem Sozialverhalten. Also weiß ich auch ganz gut, was auf mich zukommt. Auch bei einer Ratte: Dieses Tier würde ich nicht jagen oder in die Enge treiben, denn dann sucht es die Flucht nach vorn. Es gab schon Situationen, in denen wir eine Köderfalle, unter der eine Ratte saß, angehoben haben. Die springt dann aber raus und ist weg.

Hast du noch einen Tipp für unsere Leserinnen und Leser?
Ja, allerdings nicht in Bezug auf tierische Übeltäter. Immer häufiger wird mir von Betrügern berichtet, die sich als professionelle Schädlingsbekämpfer ausgeben, die Menschen aber nur abzocken. Wer Hilfe braucht, sollte sich bei Bekannten umhören oder sich bei der Stadt erkundigen.

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