Wow, was für ein Abend. Nach dem Dreieinhalbstunden-Programm „Bis neulich“ von Volker Pispers muss man erst einmal kräftig durchatmen. Denn das, was der Wahl-Düsseldorfer, der eigentlich nur zu den Feiertagen zu Hause sein dürfte, in der ausverkauften Konzerthalle abgeliefert hat, war nicht nur für ihn selbst ein hartes Stück Kopfarbeit. Pispers schont weder sich noch das Publikum. Bequem ist er nicht, zurücklehnen, ablachen und sich berieseln lassen ist nicht: Pispers hat kein Problem damit, dem atemlosen Pointen-Staccato (mit nur wenigen Plattheiten) einen unmittelbaren Tritt in den Allerwertesten des Zuschauers folgen zu lassen. Dass dabei der/die eine oder andere gar nicht schnell genug merkt, wann Pispers ernst macht und der Spaß vorbei ist (und daher trotzdem juchzt und lacht), ist gewollt, dient es doch dem Zweck. Aufwecken will er, Wach machen ist der Inhalt seiner Mission, bei der er so ganz nebenbei die Welt erklärt. Hass auf Minderheiten, kalkuliert geistlose aber Geld bringende initiierte Verirrungen eines Sarrazin, die Macht der Presse, die Ohnmacht vor den Machenschaften und Vertuschungen der Kirche, der bereits einsetzende Zerfall der kapitalistischen Musterstaaten – Pispers lässt nichts aus und geht bis zur Schmerzgrenze. Auch oder vielleicht weil er weiß, dass sich ohnehin nie etwas ändern wird.

Nach dreieinhalb Stunden ist Pispers durch, das Publikum auch. Großer Abend.

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Mit einem pensionierten Lehrer zu Volker Pispers zu gehen, ist schon in sich ein Wagnis. Gehört doch eben dieser Berufsstand neben nationalen und internationalen Politikern, Managern, Finanziers und Teilen des Klerus zu den erklärten Feindbildern des gebürtigen Rheinländers. Und gegen diese Feindbilder schießt er scharf. Und zielt dahin, wo es wirklich weh tut. Und trifft.

Sein Programm „Bis neulich“, mit dem er sich seit mittlerweile acht Jahren bei den oberen Zehntausend unbeliebt macht, wird von Pispers ständig durch aktuelle Themen aufgefrischt und dadurch nie langweilig. Mit eben dieser Dynamik und den durchaus ernst zu nehmenden und zuweilen brisanten Themen bietet er ein Kontrastprogramm zum Alltagsbrei der selbstverliebten Privatsender-Comedians und macht jeden Auftritt zu einem Unikat. So geschehen auch am herbstlich frischen Donnerstagabend des 14.10.2010.

Pispers, der mittlerweile aus seiner ultra-linken politischen Gesinnung keinen Hehl mehr macht, teilte gewohnt bissig mit dem verbalen Schlagstock seine Hiebe aus. Vor zwei Jahren durfte ich ihn live in unserem wunderschönen Kurtheater bewundern. Diese fast familiäre Atmosphäre konnte die Konzerthalle zwar nicht bieten, dennoch war es wieder ein rundum gelungener Abend und wir haben wirklich herzhaft gelacht. Und das, obwohl die Themen, die der Kabarettist behandelt, oft eher zum Weinen sind. Im Vergleich zu 2008 ist sein Programm bitterer und direkter geworden, das Lachen blieb einigen Besuchern wohl im Halse stecken, wenn Pispers seine düsteren Zukunftsvisionen malte. Trotz Minuten der Stille im Saal schaffte er es jedes Mal, mit gut positionierten Pointen die Gunst des Publikums zurück zu gewinnen. Seine provokanten und markigen Spitzen wurden dabei von ihm grundsätzlich mit einer bestechenden Logik erklärt, der man eigentlich nur noch kopfnickend zustimmen kann. Selbst ein pensionierter Lehrer ist dagegen machtlos und so war auch für meinen eingangs erwähnten Begleiter klar:

Beim nächsten Mal wieder, oder anders gesagt: Herr Pispers, bis neulich…