Dr. Ulrich Eberl; Chefredaktion POF 01-2014
Dr. Ulrich Eberl; Chefredaktion POF 01-2014

Dr. Ulrich Eberl ist Wissenschaftsjournalist und Zukunftsforscher. Er promovierte an der TU München in Physik, arbeitete bei Daimler und leitete 20 Jahre lang bei Siemens die Kommunikation über Forschung und Innovationen. 2016 machte er sich mit einem Redaktionsbüro selbstständig und veröffentlichte das Sachbuch Smarte Maschinen – Wie Künstliche Intelligenz unser Leben verändert. Am 27. Oktober verrät er bei den Stadtwerken Bad Salzuflen, wie wir möglicherweise in der nahen Zukunft leben werden.

Wann werden Autos fliegen?
Das tun sie schon. In den USA kann man Flugautos kaufen, aber ich denke nicht, dass sie ein Renner werden: Sie kosten mehrere Hunderttausend Dollar, man darf nur von einem Flughafen aus starten und braucht einen Pilotenschein.

Was werden Ihrer Meinung nach die wichtigsten Innovationen der kommenden 20 Jahre sein?
Es gibt drei Felder, auf denen ich revolutionäre Entwicklungen erwarte: Erstens die Energieversorgung – hier boomen weltweit die erneuerbaren Energien und statt Großkraftwerken entstehen viele kleine und mittlere Anlagen. Zugleich werden Elektroautos Teil des Stromnetzes, und Häuser werden immer energieautarker. Zweitens tut sich viel in der Bio- und Medizintechnik und drittens erleben wir gerade den Beginn der Ära der smarten Maschinen. Darunter verstehe ich alle Maschinen, die sprechen und uns zuhören, Gesten und Mimik verstehen. Texte, Bilder und Videos interpretieren, und die vor allem auch lernfähig sind. Das reicht von autonom fahrenden Autos über Smartphones, mit denen man künftig echte Gespräche führen kann, bis zum Roboter, der in Geschäften und Museen Auskünfte gibt oder im Haushalt hilft.

Wie gelangen Sie zu Ihren Prognosen? Immerhin ist eine Innovation von vielen Faktoren abhängig. Und nicht selten bedingt die eine Innovation auch eine andere, oder?
Richtig. Neben dem technischen Fortschritt spielen wirtschaftliche, politische, soziale, juristische und andere Faktoren eine Rolle. Manchmal sind diese sogar wichtiger als die eigentliche Erfindung. Seriöse Zukunftsforscher schauen daher vor allem auf die großen Trends wie die demographische Entwicklung, die zunehmende Verstädterung, Ressourcenverbrauch und Klimawandel oder die absehbaren Verbesserungen der Mikroelektronik und Software. Sie versuchen, daraus stimmige Szenarien zu erstellen.

Welche Ihrer Prognosen hat sich bereits bewahrheitet, mit welcher Entwicklung haben Sie selbst nie gerechnet?
Wie gesagt, es geht nicht um zeitgenaue Prognosen, sondern um Trendaussagen. Vieles, das wir Anfang des Jahrtausends im Siemens-Magazin Pictures of the Future beschrieben hatten – das ich 15 Jahre lang als Chefredakteur leitete – ist inzwischen eingetreten: etwa die zunehmende Bedeutung von Virtual Reality und digitalen Prozessen in der Industrie sowie von Dezentralisierung und Effizienz in der Energietechnik oder das Internet der Dinge. Den Boom der sozialen Netzwerke haben wir allerdings unterschätzt, ebenso die Rückkehr der Elektroautos. Rückkehr deshalb, weil es Elektromobile schon vor den Verbrennungsmotoren gab.

Was erwartet die Besucher Ihres Stadtwerke-Vortrages? Für wen ist der Vortrag interessant?
Der Vortrag trägt den Titel „Zukunft 2050 – die smarten Energiesysteme von morgen”. Daher werde ich zunächst die großen Trends beschreiben, die bis 2050 die Welt prägen werden, und dann erklären, warum wir mehr Intelligenz in unseren Energiesystemen brauchen: in Häusern und Fahrzeugen ebenso wie in den Energienetzen. Wie auch in meinen Büchern „Zukunft 2050” und „Smarte Maschinen” spreche ich damit ein allgemein interessiertes Publikum an: ob Schüler, Studenten, Angestellte oder Manager – diese Themen gehen alle an, weil sie unser Alltagsleben massiv beeinflussen werden.

Wird es in der Zukunft vielen Menschen besser gehen? Oder bringen die Innovationen nur noch mehr Ungleichheit?
Das liegt an uns, was wir daraus machen. Zukunft passiert nicht einfach, wir alle gestalten sie mit. Was sich derzeit abzeichnet – umweltfreundliche Energien und eine nachhaltige Mobilität, smarte Maschinen sowie neue Gesundheitslösungen und Hilfen für ältere Menschen –, könnte unser Leben deutlich lebenswerter machen, aber wir müssen die Weichen richtig stellen: im Bildungswesen, in der Gesellschaft und in der Politik. Nicht mit Angst und Verzagtheit, sondern mit Zuversicht und Freude am Gestalten.

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