Das Team von Vincent´s Ratsstübel, Vincent Thornton und Katrin Brüggemann, kann es kaum glauben: Nachdem das beliebte Lokal vor einigen Wochen das Fußballangebot des Bezahlsenders Sky wieder ins Programm aufgenommen hatte, sah sich die kleine Bierstube am Markt nach eigenen Angaben einem wahren Shitstorm ausgesetzt. Mittlerweile haben weitere Gastronomen das verbesserte Angebot des Bezahlsenders angenommen; sie zeigen ebenfalls wieder Live-Fußball, doch Ruhe ist im Ratsstübel deswegen noch lange nicht eingekehrt. Wir haben mit dem Team ein Interview geführt:
Salzstreuner: Hat sich das Ratsstübel nicht selbst ein Eigentor geschossen, als es aus der Allianz der Wirte ausgetreten ist, um wieder Live-Fußball zu zeigen?
Ratsstübel: Wer das beurteilen will, sollte die ganze Geschichte kennen. Als die Tarife mit den erneuten Preiserhöhungen für Live-Fußball bekannt wurden, haben wir uns wie fast alle Gastronomen der Stadt geweigert, Fußball zu den vorgesetzten Konditionen zu übertragen. Alle Wirte mit ähnlichen Verträgen waren sich einig, dass die erneute Preissteigerung so nicht mitgemacht und auf Live-Fußball künftig verzichtet wird. Jedenfalls so lange, bis ein akzeptables Angebot auf dem Tisch liegt.
Salzstreuner: … das ihr dann wohl auch bekommen und die Gemeinschaft der Wirte verlassen habt.
Ratsstübel: In der Tat haben wir ein für uns besseres Angebot erhalten. Allerdings hatten wir zwei Angebote zuvor ausgeschlagen und – das ist wichtig – uns wurde zugesagt, dass alle anderen Wirte das gleiche Angebot erhalten werden. Noch am selben Tag, an dem wir uns dazu entschlossen hatten, wieder Live-Fußball zu zeigen, haben wir das öffentlich gemacht. Abgesehen davon, dass wir uns ins eigene Fleisch schneiden würden, wenn wir Sky bezahlen, aber niemanden darüber informieren würden, war es uns absolut wichtig, dass alle Kollegen sehen, dass wir es wieder im Programm haben.
Salzstreuner: Könnt ihr denn den Ärger verstehen, den einige Kollegen verspüren?
Ratsstübel: Möglicherweise hätten wir zuerst die Kollegen darüber informieren können, dass wir wieder am Ball sind. Aber in der Sache hätte es nichts geändert. Als die deutlich teureren Preise für die Übertragungen auf dem Tisch lagen, haben wir uns, wie alle anderen, vom Live-Fußball abgewendet. Als die ersten nachgebesserten Angebote kamen, haben wir sie ebenfalls abgelehnt. Erst als uns der Sender so entgegengekommen ist, das wir mit den monatlichen Kosten halbwegs leben können – und diese Angebote auch für unsere Kollegen zugesagt wurden – haben wir den Fernseher wieder angeknipst. Wir haben also das getan, was vereinbart wurde, und das erreicht, was bezweckt wurde. Für viele unserer Gäste ist der wöchentliche Bundesliga-Fußball heilig. Eine Alternative dazu gibt es am Wochenende für sie und somit auch für uns nicht; wie andere Kollegen auch, können wir darauf nicht verzichten, wenn wir überleben wollen.
Salzstreuner: Welche Schlüsse habt ihr persönlich aus den letzten Wochen gezogen – abgesehen von der existentiellen Bedeutung von Live-Fußball?
Ratsstübel: Für uns waren die vergangenen Wochen sehr hart. Obwohl wir fest glaubten, genau das erreicht zu haben, was eigentlich Ziel der gemeinsamen Aktion war, wurden wir zu Sündenböcken erklärt. Dass jetzt die nächsten Gastronomen ebenfalls wieder Live-Fußball anbieten, zeigt, dass auch sie von diesen verbesserten Konditionen profitieren. Besonders schlimm finden wir die Art und Weise, in der wir persönlich angegangen wurden. Das ging viel zu weit und hatte mit Sachlichkeit oft wenig zu tun. Die Wirte in Bad Salzuflen sitzen alle in einem Boot – wir sollten uns gegenseitig stärken und uns über das Erreichte gemeinsam freuen.
Salzstreuner: Vielen Dank für das Interview.
(c) Interview/Foto: Tautz