Arvid Niehuss gehört für viele Einheimische zu den frühen Neunzigern wie das Glashaus, die Band Dajana Loves Paisley und die Heiße Hexe aus der Tankstellen-Mikrowelle. Dabei war sein Start in Bad Salzuflen alles andere als einfach. Zwar übernahm der Ur-Petershagener bereits 1988 die Geschäftsführung für das Zambo an der Werler Straße, doch die Anfangstage hat Arvid dort fast allein verbracht. Weiteres Personal gab es nicht und auch die Gäste blieben zunächst fern. Wie der Kneiper, der auch mal Rancher war, schließlich doch dafür sorgte, dass sich bald die parkenden Autos bis zur Ziegelstraße stauten, das hat er uns im Interview verraten – rund 25 Jahre nach seiner Salzufler Zeit.
Hallo Arvid, lange nicht gesehen. Wohin hat es dich nach dem Zambo verschlagen?
Ich wohne seit einigen Jahren im Bielefelder Stadtteil Stieghorst. Nach meiner Zeit im Zambo habe ich zwar noch einige Monate in Bad Salzuflen gelebt, doch da ich hier beruflich nicht mehr tätig war, hat sich auch mein Wohnsitz immer weiter entfernt. Von Bad Salzuflen über Milse in die Bielefelder Innenstadt – nun wohne ich in Stieghorst.
Bad Salzuflen liebt seine Wirtinnen und Wirte. Viele bleiben auch nach ihrem Wirken noch lange in guter Erinnerung. Merkst du das auch?
Oh ja. Erst kürzlich hat mich eine Bekannte aus den guten alten Tagen auf Facebook wiedergefunden. Sie hat einen Beitrag von mir kommentiert und ziemlich schnell haben sich weitere alte Zambo-Gäste daran beteiligt.
Stichwort Zambo: Das war eine großartige Zeit damals, oder?
Für mich war sie auch toll und unvergesslich. Die Salzufler waren damals schon nette Leute.
Wie hat das mit dir dort angefangen?
Mit vielen Zufällen. In den Achtzigern war ich Außendienstler für Gastronomieartikel. Als aber mein Chef einen Schlaganfall erlitt, hatte ich plötzlich keinen Job mehr. Über einen Kumpel habe ich von der Silber Ranch am Asenberg gehört. Zuerst habe ich dort selbst das Reiten gelernt, später auf der Ranch sogar gewohnt und gearbeitet. Ich habe mich um die Pferde gekümmert und bin mit den Leuten ausgeritten. Weil ich dort nicht allzu viel verdiente, habe ich nebenbei in der Pizzeria im alten Bürgermeisterhaus gearbeitet. Zu dieser Zeit hat der damalige Betreiber der Nante in der Osterstraße auch das Zambo übernommen und für die Geschäftsführung der Kneipe eine seiner Nante-Mitarbeiterinnen vorgesehen. Die sprang aber kurzfristig ab, sodass das Zambo ohne Personal dastand.
Und da schlug deine Stunde!
So ungefähr. Eine Bekannte von mir arbeitete auch in der Nante. Sie schlug mich dem neuen Betreiber des Zambos vor. Und tatsächlich fragte er mich dann auch, ob ich Lust hätte, eine neue Rock-Kneipe zu führen. Ich habe spontan zugesagt, bin aber am selben Abend noch mal in die Werler Straße gefahren, um mir den Laden genauer anzusehen. Und tatsächlich hat er mir auch danach noch gefallen.
Und dann ging die Erfolgsgeschichte los …
Von wegen! Das erste Jahr war hart, denn das Zambo wurde von den Salzuflern zunächst boykottiert. Nicht mal das alte Stammpublikum des Ladens kam noch. In den ersten Wochen, in denen ich die Kneipe geführt habe, saßen über den Abend höchstens zehn Gäste am Tresen. Das machte keinen Spaß.
Und was macht man da als Wirt?
Man beschäftigt sich mit den Leuten, die da sind. Und man gibt jedem das Gefühl, zu einem Kreis guter Freunde zu gehören. Wenn es gut geht, wollen immer mehr dazugehören.
Kannst du das näher erläutern?
In vielen Lokalen ist es so, dass du als neuer Gast erst einmal taxiert und anschließend in eine Ecke gesetzt wirst, wo du nicht störst. Vielen Menschen ist das nicht recht. Sie fühlen sich unwohl, denn im Prinzip ist fast jeder erst einmal unsicher und schüchtern, wenn er allein eine Kneipe betritt. Im Zambo war das anders. Jeder Gast, der reinkam, gehörte in kürzester Zeit einfach dazu. Jeder kam mit jedem ins Gespräch und für alle war ich so was wie ein Kumpel, der die Leute zusammenbrachte. Weil ich mir dafür möglichst viele Namen merken wollte, habe ich mir zu fast jedem neuen Gast einen Spickzettel gemacht, den ich an ein Brett über den Tresen geklebt habe. Wenn der Gast wiederkam, konnte ich ihn mit Namen ansprechen und fragen, ob er das Übliche trinken wollte …
Das sprach sich bestimmt rum.
Na klar. Zumal bald meine erste Kollegin Esther dazukam, die auch wiederum ihre Freundinnen und Freunde mitbrachte. Aus Lemgo, denn sie kam von dort. Nach und nach wuchs dann der Zambo-Freundeskreis auch über Bad Salzuflen hinaus. Und der Laden wurde immer voller.
Und auch das Zambo wurde größer.
Ja, wir haben den Biergarten erweitert und die Scheune ausgebaut. Außerdem haben wir Veranstaltungen und Aktionen durchgeführt. Wenn ich mich recht erinnere, haben wir das erste Oktoberfest Bad Salzuflens veranstaltet. Ein Riesending. Eine Stunde nach dem Einlass war der Laden rappelvoll und das Wasser ist die Wände heruntergelaufen. Später kamen Halloween und die Sommerfeste dazu. Wenn ich die Türen um 18 Uhr aufgemacht habe, waren um 20 Uhr über tausend Leute im Zambo. Unvergesslich, diese Feiern.
Unvergesslich waren auch die Montage im Zambo …
Eine großartige Geschichte, die uns viele Stammkunden bescherte und auch durch einen Zufall entstand. Eines Tages standen einige Schüler in der Tür und wollten ein Interview für ihre Schülerzeitung haben. Da habe ich nebenbei fallen lassen, dass wir montags das Flensburger und das Detmolder für zwei statt für drei Mark pro Flasche verkaufen würden. Oder war es sogar nur eine Mark? Jedenfalls war das Zambo am Montag, nachdem der Artikel erschien, knüppelvoll. Das blieb dann auch montags so.
Aber du bliebst nicht. Warum nicht?
Der Betreiber und ich hatten unterschiedliche Auffassungen davon, wie es mit dem Zambo weitergehen sollte. Und da jeder auf seine Position bestand, habe ich Mitte der Neunziger die Segel gestrichen …
Eine kleine Reise in die Vergangenheit: